Philosophie

Fachkraft für Arbeitssicherheit/HSE-Manager bzw. Sicherheits- und Gesundheitskoordinator

Gesunde, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sind eine wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung der großen Umwälzungen in der Arbeitswelt; sie treiben Innovation voran, sichern damit die Wettbewerbsfähigkeit und letztlich den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens.
Mangelhafte Sicherheitseinrichtungen, unzuträgliche physikalische, chemische und biologische Einwirkungen sowie übermäßige körperliche Belastung bei der Berufsarbeit führen immer wieder zu Unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen. Die Folge davon sind nicht nur persönliches Leid und hohe Soziallasten, sondern auch durch Fehlzeiten der Beschäftigten und Maschinenausfallzeiten bedingte finanzielle Belastungen für den einzelnen Unternehmer oder Handwerker.

Der Einsatz neuer Technologien, die Verwendung neuer Stoffe und die Veränderungen in der betrieblichen Organisation stellen dem Arbeitsschutz ständig neue Aufgaben. Durch die Vielfalt an Einflussmöglichkeiten wird das Gefährdungspotenzial an den Arbeitsplätzen erhöht. Mit dieser Entwicklung muss der Arbeitsschutz Schritt halten und Lösungsmöglichkeiten anbieten.
Der klassische Arbeitsschutz bestand in erster Linie aus Unfallverhütung und Vermeidung von Berufskrankheiten. Durch die Verlagerung von körperlichen zu psychomentalen Belastungen und das Auftreten neuer Risiken, z.B. bei der Bildschirmarbeit, im Bereich der Gefahrstoffe und der Bio- und Gentechnik, hat der Arbeitsschutz eine neue Dimension erfahren.
Moderner Arbeitsschutz erfordert deshalb präventive und ganzheitliche Lösungen im Sinne eines umfassenden betrieblichen Gesundheitsschutzes.
Dies steht auch in Einklang mit den EG-Rahmenrichtlinien. Neben den heute vorwiegend technisch geprägten Beschaffenheitsanforderungen für Anlagen, Maschinen und Geräte müssen die sog. Verhaltensvorschriften neu überdacht werden und auch die Bereiche Arbeitsinhalt, Arbeitsrhythmus und Arbeitstempo sowie die soziale Betreuung im Betrieb umfassen. Betriebliche Teilursachen für Erkrankungen sind besonders schwere körperliche oder psychophysische Belastungen mit hohen Daueranforderungen an die physische Konstitution aber auch an Konzentration, Reaktionsvermögen und Verantwortung. Verstärkt werden diese Belastungen durch sich häufig ändernde Arbeitsschichten im Wechsel von Tag und Nacht mit erheblichen Anforderungen an das individuelle Anpassungsvermögen.

Arbeitsschutz im Europäischen Gemeinschaftsrecht

Durch die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes wurde in den Grenzen des europäi-schen Wirtschaftsraums ein freier Warenverkehr auch für technische Erzeugnisse verwirklicht. Wesentlicher Bestandteil des Harmonisierungskonzepts ist der einheitliche europäische Sicherheitsstandard für technische Produkte. Diese Internationalisierung eines Sicherheitsniveaus setzt einheitliche Produktnormen voraus (Binnenmarkt- Harmonisierung nach Art. 95 EGV – früher Art. 100a). Fallen technische Arbeitsmittel, wie z.B. persönliche Schutzausrüstungen, in den harmonisierten Anwendungsbereich, dürfen sie in Verkehr gebracht werden, wenn der Hersteller
• alle grundlegenden Sicherheitsanforderungen
und
• das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren (CE-Kernnzeichnung)
eingehalten hat.

Das in den EG-Richtlinien beschriebene Sicherheitsniveau darf keinesfalls unterschritten werden. Harmonisierte Normen konkretisieren das in den Richtlinien beschriebene Sicherheitsniveau. Bei normkonformer Bauweise darf deshalb davon ausgegangen werden, dass die grundlegenden Sicherheitsanforderungen eingehalten sind (Vermutungsprinzip). Normen sind jedoch nicht verpflichtend. Von Normen darf abgewichen werden, wenn es gelingt, die geforderte Sicherheit auf andere Weise zu erreichen. Stehen noch keine harmonisierten Normen zur Verfügung, können Hilfsweise die nationalen Normen und technischen Spezifikationen herangezogen werden, die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bzw. im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden. Neben der wirtschaftlichen Zielsetzung gehört es zu den Zielen der EG-Verträge, dass eine „allgemeine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen gefördert und ihre Angleichung im Wege des Fortschritts angestrebt werden muss“. Dabei wird ein hoher Stand in der Gemeinschaft zum Ziel gesetzt. Hierzu kann der Rat Richtlinien über Mindestvorschriften auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes erlassen. Dabei ist der Begriff des Arbeitsschutzes nicht auf die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer im engeren Sinne beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf ergonomische und das Arbeitsumfeld betreffende Maßnahmen (Harmonisierung von Mindestanforderungen zum betrieblichen Arbeitsschutz nach Art. 138 EGV – früher Art. 118a). Richtlinien sind Gemeinschaftsgesetze, die die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung eines bestimmten Ziels verpflichten. Die Richtlinien sind unmittelbar nur für die Mitgliedstaaten verbindlich. Damit die in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen für die Betroffenen verbindlich sind, müssen sie in nationales Recht umgesetzt werden. Die Wahl der Form und des Mittels der Umsetzung der Richtlinien bleiben grundsätzlich den Mitgliedstaaten vorbehalten. Europäische Vorgaben für den betrieblichen Arbeitsschutz Die europäischen Vorgaben der Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz, die durch das Arbeitsschutzgesetz in deutsches Recht umgesetzt wurde, enthalten ein rationales Ablaufschema eines effektiven betrieblichen Arbeitsschutzes:

• Ziel ist, Arbeitsschutzaspekte in die betrieblichen Entscheidungen zu integrieren, durch eine konsequente und systematische Prävention die Beschäftigten vor Gefährdungen ihrer Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu schützen und durch ein frühzeitiges Mitdenken von Arbeitsschutzmaßnahmen auch Planungsfehler und kostspielige Nachbesserungen für die Betriebe zu vermeiden.

• Verantwortlich für den Arbeitsschutz in seinem Betrieb ist der Arbeitgeber. Diese Verantwor-tung besteht gegenüber dem Staat; sie ist öffentlich-rechtlich. Der Arbeitgeber muss für eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes in seinem Betrieb sorgen, Vorkehrungen treffen, dass Arbeitsschutzaspekte auf allen Führungsebenen und bei allen Tätigkeiten beachtet werden, und die erforderlichen Mittel bereitstellen. Die Kosten für gesetzlich veranlasste Arbeitsschutzmaßnahmen darf er nicht den Beschäftigten auferlegen. Im Arbeitsschutzgesetz wird klargestellt, dass der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen damit beauftragen kann, ihm nach dem Gesetz obliegende Pflichten in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

• In jedem Betrieb sind die Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit für die Beschäftigten zu beurteilen, die nach dem Ergebnis der Beurteilung erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen unter Beachtung bestimmter anerkannter Grundsätze und nach dem Stand der Technik zu ergreifen und an neue technische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen. Dabei hat der Arbeitgeber eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der in seinem Betrieb Beschäftigten anzustreben. Das Ergebnis der getroffenen Arbeitsschutzmaßnahmen ist grundsätzlich zu dokumentieren. Der Arbeitgeber wird durch innerbetriebliche oder externe Arbeitsschutzexperten beraten (Arbeitssicherheitsgesetz).

• Betriebs- und Personalrat – wenn vorhanden – sind zu allen Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes zu unterrichten und zu hören (Betriebsverfassungsgesetz, Personalvertretungsgesetz). Alle Beschäftigten sind über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sein können, sowie über die Schutzmaßnahmen zu unterrichten und in den konkreten Schutzvorkehrungen am Arbeitsplatz zu unterweisen.
• Die Beschäftigten müssen ihrerseits den Arbeitgeber unterstützen. Sie haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten für ihre eigene Sicherheit und Gesundheit sowie die Sicherheit anderer Personen, die von ihrer Tätigkeit betroffen sind, zu sorgen, Weisungen des Arbeitgebers einzuhalten und Geräte, Maschinen oder persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu benutzen.

• Auf begründeten Wunsch hat der Arbeitgeber den Beschäftigten eine arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchung zu ermöglichen.

Arbeitsschutzrecht in Deutschland

Der Gesetzgeber hat den Arbeitsschutz als staatliche Aufgabe festgelegt. Nach § 8 des Ar-beitsschutzgesetzes ist die Aufsicht über die Bestimmungen des Arbeitsschutzes besonderen von den Landesregierungen zu bestimmenden Behörden zu übertragen. Damit ist der Arbeits-schutz in allen Betrieben und Verwaltungen staatliche Aufgabe. Jedes Land hat damit die zwingende Pflicht, besondere Behörden einzurichten und ihnen die entsprechenden Befugnisse zu übertragen. Diese Regelung ist entsprechend auch in den übrigen Arbeitsschutzvorschriften wie Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz u.a. enthalten.
Die Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften) haben als Selbstverwaltungsorganisation der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber mit allen geeigneten Mitteln für die Unfallverhütung, eine wirksame Erste Hilfe und die Prävention Arbeitsbedingter Erkrankungen zu sorgen. Hierzu können von den Berufsgenossenschaften auch die hierfür einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften herangezogen werden.

Die Aufgabe des Arbeitsschutzes ist, Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit am Arbeitsplatz zu beschützen. Der technische Arbeitsschutz verfolgt dieses Ziel vorwiegend mit technischen Mitteln. Im Arbeitszeitschutz wird dieses Ziel in erster Linie durch zeitliche Begrenzungen erreicht. In beiden Bereichen des Arbeitsschutzes wird zu Beschäftigungsverboten gegriffen, wenn die anderen Maßnahmen nicht ausreichen.
Die staatlichen Verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften können jedoch die sicherheitstechnischen Tatbestände nicht immer bis in alle notwendigen Details regeln. Einzelheiten sind häufig in Normen, Richtlinien und Technischen Regeln aufgenommen. Um diese sicherheitstechnischen und hygienischen Festlegungen möglichst voll in den Arbeitsschutz einzubeziehen, wird in den staatlichen Verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie in den Unfallverhütungsvorschriften darauf verwiesen.

Arbeitsschutzgesetz – Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Der Arbeitgeber hat nach dem Arbeitsschutzgesetz die umfassende Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in seinem Betrieb. Er muss deshalb alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes treffen sowie eine geeignete Arbeitsschutzorganisation und die Mittel hierfür bereitstellen.
Eine der weitreichendsten Neuerungen ist die Pflicht des Arbeitgebers, in seinem Betrieb eine systematische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen sowie deren Ergebnis und die getroffenen Schutzmaßnahmen zu dokumentieren.
Durch die Gefährdungsbeurteilung sollen die Ursachen für Arbeitsunfälle und Arbeitsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen erkannt und hinsichtlich Art und Umfang eines möglichen Schadens bewertet werden. Gefährdungen können sich insbesondere
• aus der Gestaltung der Arbeitsplätze,
• durch physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
• aus dem Umgang mit Arbeitsmitteln,
• aus der Gestaltung von Arbeitsabläufen und der Arbeitszeit sowie
• aus unzureichender Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten ergeben.

Auf Grund des Ergebnisses seiner Beurteilung muss der Arbeitgeber dann festlegen, welche Arbeitsschutzmaßnahmen in seinem Betrieb getroffen werden. Der Arbeitgeber muss außerdem nach § 6 ArbSchG das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sowie die von ihm festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung dokumentieren. Das Arbeitsschutzgesetz schreibt dem Arbeitgeber zwar eine Gefährdungsbeurteilung und eine Ermittlung der erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen vor, bei der Art und Weise, in der diese Aufgaben zu erledigen sind, hat der Arbeitgeber jedoch weitgehend freie Hand. Die zweckmäßige Vorgehensweise wird sich im Einzelfall nach der Betriebsart, der Betriebsgröße, den Gefährdungstatbeständen und dem betrieblichen Arbeitsschutzmanagement richten, so dass zur Methode der
Gefährdungsermittlung und –Beurteilung zunächst nur allgemein geltende Vorschläge sinnvoll sind.

Für die meisten Arbeitsbereiche bietet sich folgendes Vorgehen an:
1. Auswahl des Arbeitsbereiches, des Arbeitsplatzes oder der Personen,
2. Ermittlung der Gefährdungen und Belastungen,
3. Festlegung und Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahmen,
4. Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen.

Mögliche Gefährdungsfaktoren können sein:
• Mechanische Gefährdungen,
• Elektrische Gefährdungen,
• Gefahrstoffe,
• Biologische Arbeitsstoffe,
• Brand- und Explosionsgefährdung,
• Heiße oder kalte Oberflächen, Flüssigkeiten, Dämpfe,
• Arbeitsumgebungsfaktoren,
• Wahrnehmung von Informationen,
• Physische Belastung,
• Psychische Belastung,
• Unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.

Bei den Maßnahmen des Arbeitsschutzes ist von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:

• Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.
• Gefahren sind an der Quelle zu bekämpfen.
• Bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen
• Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen.
• Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen.
• Spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen.
• Den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen.
• Mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist.

Bei der Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahmen ist einer vollständigen Beseitigung der Gefahrenquelle der Vorrang zu geben. Der Personenkreis, der an nicht zu beseitigenden Gefahrenstellen arbeiten muss, ist so klein wie möglich zu halten. Mindestens jedoch ist geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Die getroffenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Ist der Wirkmechanismus nicht offensichtlich, wie z.B. bei Abschrankungen und fest angebrachten Schutzvorrichtungen, sollte die Überprüfung an Hand einer simulierten Gefahrensituation mit Prüf- und Messprotokoll durchgeführt werden. Bei Anlagen kann dies auch durch die Abnahmemessung des Herstellers oder Installateurs erfolgen.

Werden im Betrieb mehr als 10 Personen beschäftigt, muss das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung schriftlich festgehalten werden. Die Dokumentation muss je nach Art der Tätigkeiten und Zahl der Beschäftigten alle Angaben über die Gefährdungssituationen am Arbeitsplatz, die festgelegten und getroffenen Maßnahmen und die Wirksamkeitsüberprüfung enthalten.
Bei gleichartiger Gefährdungssituation können die Angaben für mehrere Arbeitsplätze zusammengefasst werden.

Autor: Dipl.-Ing. Rainer Hofmann, Stuttgart
Umweltministerium Baden-Württemberg
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